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Die Palme
Beim Stichwort „Palme“ denken wir unwillkürlich an Urlaub, Südsee, Strand und Sonne. Suggeriert uns nicht schon der unverwüstliche Werbespot für einen Schokoriegel mit Kokosflocken, dass das Leben unter tropischen Palmen einfach herrlich unbeschwert sein muss? Wie gut, dass es unter den zahlreichen Palmenarten auch etliche gibt, die in mitteleuropäischen Gärten gedeihen. Viele können auch auf Balkon oder Terrasse gezogen werden. Manch kleinere Exemplare sind sogar geeignet, als Zimmerpalmen für Ferienflair in den eigenen vier Wänden zu sorgen.
Schon in der Kreidezeit verbreitet
Palmen oder sogenannte Palmengewächse (botanisch: Palmae/ Arecaceae) sind ein komplexes und faszinierendes Thema, das es lohnt, genauer beleuchtet zu werden. Ihre Geschichte reicht rund 700 Millionen Jahre zurück. Schon in der Kreidezeit sollen verwandte Arten aus der einzigen nachgewiesenen Familie in der Ordnung der Palmenartigen (Arecales)- und diese wiederum in der Verwandtschaftsgruppe der Einkeimblättrigen (Monokotyledonen) – auf dem Erdball weit verbreitet gewesen sein.
Es handelt sich um eine riesige und reichlich verzweigte Pflanzenfamilie: Bekannt sind 183 Gattungen und gegenwärtig etwa 2600 Arten. Diese Palmenarten sind überwiegend Nutzpflanzen, die eine breite Palette von Produkten hervorbringen – und dabei auch noch durchweg dekorativ sind.
Rekorde sind aus der Großfamilie auch zu vermelden. So sind bei Exemplaren der Gattung Raphia Blätter mit einer Länge von bis zu 25 Metern entdeckt worden. Die Seychellenpalme (Lodoicea maldivica) bildet Samen aus, die ein Gewicht von 22 Kilogramm erreichen können. Der längste Blütenstand des Pflanzenreichs wird der Gattung Corypha zugeschrieben. Auf rund siebeneinhalb Metern befinden sich schätzungsweise zehn Millionen Blüten.
Viele Produkte der Kokospalme
Nutzung Palmen – ein schier unerschöpfliches Thema. Während Palmengewächse im mitteleuropäischen Raum vor allem als Zierpflanzen kultiviert werden, haben sie in ihren Ursprungsländern vielfach eine besondere Bedeutung als Wirtschaftsfaktor. Man denke nur an Dattelfrüchte und Kokosnüsse! Besonders Letztere dienen in mehrfacher Weise der menschlichen Ernährung. Da sind wir auch schon wieder bei dem eingangs erwähnten Schoko-Kokos-Riegel, der den Namen eines legendären Segelschiffes trägt. Der britische Dreimaster kreuzte Ende des 18. Jahrhunderts in der Südsee, und auf der Rückreise soll die Besatzung eine berühmt-berüchtigte Meuterei angezettelt haben…
Dort, wo sie angebaut werden, gehören Kokosnüsse zu den Grundnahrungsmitteln. In den hartschaligen Früchten, die bis zu zweieinhalb Kilo schwer werden können, steckt ein weißer, wertvoller Kern. Daraus werden nicht nur die in alle Welt exportierten Kokosraspel hergestellt. Aus einigen Kokosarten wird auch in großem Stil ein hochwertiges, hoch zu erhitzendes Öl gewonnen. Essbar sind auch die Blätter und Triebe vieler Arten.
Bei Feinschmeckern sind besonders die Palmherzen begehrt, die in Aussehen und Geschmack den Artischocken nahe kommen. Weitere Erzeugnisse für den menschlichen Verzehr sind vornehmlich Sago, das aus Stärke der Sagopalme stammt, sowie Palmschnaps und -wein. Darüber hinaus finden Palmenholz und -blätter nach wie vor Verwendung für den Bau von Wohngebäuden. Und möglicherweise besitzen Sie eine Fußmatte, die aus Kokosfasern angefertigt wurde. Tragen Sie ein Kleidungsstück mit „Hirschhornknöpfen“, verabschieden Sie sich bitte von der Vorstellung, diese Knöpfe seien aus dem Geweih besagter Waldtiere hergestellt worden. Sie bestehen vielmehr aus Bestandteilen der Nüsse der Elfenbeinpalme.
Geht es um das Thema Nutzung Palmen, muss auch noch erwähnt werden, dass ein Palmenprodukt sogar anderen Pflanzen zum Vorteil gereichen kann. Aus zerkleinerten und gepressten Kokosfasern, die üblicherweise in Form kleiner Briketts in den Handel kommen, wird durch Zugabe von Wasser ein wirksames Pflanzensubstrat. Es kann als Alternative zu Torf gelten und ist aufgrund seiner Keimfreiheit besonders gut zur Anzucht von Pflanzen geeignet.
Palmlilie ist ein Agavengewächs
Wenn Sie noch keine Palme im Haus haben, aber sehr wohl mit dem Gedanken spielen, Ihr direktes Umfeld mit Zimmerpalmen zu verschönern, fällt Ihnen wahrscheinlich schnell die Yucca Palme ein. In diesem Zusammenhang müssen Sie sich allerdings klar machen, dass diese auffälligen Pflanzen mit den langen, schmalen, meist sehr spitzen Blättern, die gebüschelt am faserigen Stamm sitzen, streng genommen keine Palmgewächse sind. Die Yucca wird zwar auch Palmlilie und eben auch Yucca Palme genannt, gehört aber zur Familie der Agavengewächse. Besonders bekannt sind z.B. die Yucca Rostrata, die Yucca Elephantipes und die Yucca Filamentosa.
Aber beim Schmücke-Dein-Heim kommt es ja letztlich nicht um botanische Zuordnungen an. Hauptsache, die Yucca gefällt Ihnen, dann darf sie auch als Zimmerpalme durchgehen. Die Palmlilie (Z.B: Yucca elephantipes) wächst und gedeiht übrigens besonders gut an einem hellen, auch sonnigen Standort. Sie braucht generell nur wenig Wasser und verträgt keine Staunässe. Wird Ihnen die Yucca Palme mit ihrem üppigen Schopf zu groß und raumgreifend, kappen Sie einfach den Stamm Ihrer aufstrebenden Zimmerpalme in beliebiger Höhe. Er treibt bald wieder aus.
Über die vielgestaltige „Palmensippe“ gibt es aus wissenschaftlicher Sicht noch eine Menge Interessantes zu berichten. So wie die Vertreter der riesigen Familie auch ganz verschiedene Gestalten und Ausmaße annehmen, so komplex sind sie auch in ihrer sonstigen Existenz. Sie wachsen als Solisten oder in Gruppen (Cluster), können mehrmals Blüten hervorbringen (pleomanth) oder erschöpfen sich in einmaligem Blühen (hapaxanth), sind entweder, wie es fachsprachlich heißt, polygam (eingeschlechtig), zwittrig, monözisch (einhäusig) oder diözisch (zweihäusig).
Warum es keine Bäume sind
Hinsichtlich des in der Regel „verholzten“ Stammes ist von Bedeutung, dass ihm das sogenannte Kambium fehlt, die Wachstumsschicht zwischen der Rinde und dem eigentlichen Holz. Bei Palmgewächsen fehlt es daher am „sekundären Dickenwachstum“. Sie werden daher nicht zu den Bäumen gezählt. Die wechselständigen Blätter können Borsten oder Stacheln aufweisen, sind somit „wehrhaft“, können aber auch völlig kahl oder mit Haaren und/oder Schuppen versehen sein.
Meistens sitzen die Blütenstände seitlich. Befinden sie sich an der Spitze der Palme, hat dies zur Folge, dass die Pflanze nach Ende der Blüte und der Bildung von Samen abstirbt. Die stets dreizähligen Blüten bestehen aus Kelch- und Kronblättern, die separat stehen oder miteinander verwachsen sind. In den Fruchtblättern sind jeweils ein oder zwei Samenanlagen vorhanden. Für die Bestäubung sind Insekten oder der Wind zuständig; Experten sprechen von Entomophilie beziehungsweise Anemophilie. Palmgewächse bringen Schließfrüchte hervor, vorwiegend Steinfrüchte oder harte Beeren. Das Fruchtgehäuse (Perikarp) kann glatt sein, aber auch mit Stacheln, Schuppen oder Haaren besetzt. Im Inneren befinden sich ein bis drei Samen, in seltenen Fällen bis zu zehn.